ERINNERUNGEN

MICHAELA JÜDELL

 

Kurstrasse 5  und  Höhenweg  9  1/10  Gartenhaus

Bad Nauheim

 

Ich bin das erste Kind meiner Eltern. In unserer Wohnung im 1. Stock, in der Kurstrasse 5, gegenüber der Dankeskirche, befand sich auch die Zahnarztpraxis meines Vaters. Hinter der Wohnungstür ging es links zu unseren Privaträumen und rechts herum in die Praxis. Das Leben so mitten in unserem schönen Städtchen war für mich als Kind ein riesiger Spielplatz. Auf unseren Balkon lud ich auch schon mal Freunde ein. Der Betrieb um Dankeskirche, Droschkenplatz,

Hotel L'Europe und zahlreichen Geschäften unterhalb unseres Balkons, war sehr unterhaltsam.

 

Wenn ich an meinen Vater denke, sehe ich ihn immer mit Fliege vor mir. Fliege trug er ständig. Ich war gerne Kind und fand den Beruf meines Vaters toll, denn oft gab es leckere Dinge zu essen, die die Patienten zur Bezahlung ihrer Behandlung mitbrachten. Manchmal war auch Schokolade darunter. Fotos und Instrumente aus der Zahnarztpraxis habe ich inzwischen dem Dentalhistorischen Museum in Zschadraß übergeben. Das fühlt sich gut an! Es waren Dinge darunter, die dort in der Sammlung noch fehlten.

 

Meine Großeltern wohnten in einer Villa im Höhenweg 9 am Johannesberg. Da sie einen in der Nazi-Zeit nicht akzeptierten Stammbaum hatten, der nicht "reinarisch" war, mussten sie die Villa 1939 zwangsverkaufen und wanderten nach England aus. Sie ließen sich in London nieder, wo ich sie 1949 einmal besuchte. Die Reisegenehmigung erteilte mir unser Rathaus, das sich damals, kurz, bevor die Räumlichkeiten zur Post und danach zur Bank und Post unserer amerikanischen Besatzer umgewandelt wurden, im heutigen "Terrassencafé", Parkstraße/Ecke Terrassenstraße befand.

Als mein Vater nach dem Krieg aus dem KZ heimkehrte, kehrten auch meine Großeltern aus England wieder nach Bad Nauheim zurück (Mitte der 50ger). Großeltern, Tante und Cousine zogen in das Vorderhaus Höhenweg 9. Wir zogen in das im rückwärtigen Garten neuerbaute Haus, das die Adresse "Höhenweg  9  1/10  Gartenhaus" erhielt. Kurzzeitig, etwa 4-6 Wochen, wohnte im benachbarten Haus Nummer 11, das nun nicht mehr existiert und auf dessen Grunstück sich nun das Wellenhaus von Prof. Hölzinger befindet, der Clan von Elvis Presley, nachdem dieser kurzfristig das Hotel Grunewald verlassen musste. Elvis war vermutlich in dieser Zeit auf Manöver, da er im Höhenweg nicht gesichtet wurde. Ich war 8 Jahre alt, als meine Familie in das Haus Höhenweg 9  1/10  zog und 12, als der Elvis-Clan in unserer Nähe herumschwirrte. Elvis habe ich sehr bewußt wahrgenommen. Doch habe ich ihn nicht gesucht. Ich begegnete ihm zufällig einmal bei Zeitschriften Röder in der Stresemannstraße, als ich dort Schulhefte kaufte. Der Uniformierte, der sich direkt neben mir für Postkarten interessierte, war Elvis (!), stellte ich beinahe erschrocken fest. Das war schon alles. Meine Freundinnen, die draußen auf mich warteten, haben mich, glaube ich, sehr um dieses "Erlebnis" beneidet.- Elvis Geburtstag vergesse ich nicht so schnell, denn da haben auch meine Zwillingstanten Geburtstag. Wären sie noch am Leben, wäre es der 99. (2016). Als ich an einem 8. Januar vor vielen Jahren im Bienenkorb, der Bäckerei und Konditorei Stark Kuchen für sie zum Geburtstag kaufte, erzählte mir eine der Verkäuferinnen, dass Elvis sehr gerne genau die Schokoladentorte aß, die ich gerade auswählte.

 

Die Zahnheilkunde, Leidenschaft meines Vaters, die er zunächst in der Villa Hupfeld in der Ludwigstrasse ausübte und später in der Kurstrasse, ist auch meine Leidenschaft geworden. Noch heute kümmere ich mich mit Vorträgen um die Zahngesundheit im gesamten Wetteraukreis, organisiert durch den Arbeitskreis Jugendzahnpflege und dem Zahnärztlichen Förderverein für den Altkreis Büdingen.

 

Fotos um 1949

Fotos vor 1945 - Vorkriegszeit

 

Michaela Jüdell las im Bad Nauheimer Journal mit Interesse über den Brunnen in der Reinhardstrasse. Ihr fiel dabei eine Begebenheit aus ihren Kindertagen ein, in der dieser Brunnen eine große Rolle spielte:

 

"Es muss so um 1949 gewesen sein. Ich war 3 Jahre alt. Mit meiner Großmutter, die in der oberen Stresemannstrasse wohnte, ging ich öfter zum Bauernhof am Burgtor. Wenn sie mit mir Milch holte und ich einen ordentlichen Knicks vor Frau Schnautz machte, bekam ich meist ein frisches Ei geschenkt. Das war damals etwas besonderes. Auf dem Bauernhof gab es auch Pferde. Bauer Metzger hatte zwei. Diese Tradition behielt er bis zu seinem Tode bei. In einem besonders heißen Sommer war ich mal wieder bei meiner Großmutter. Zu Hause war Waschtag und damals gab es noch keine Waschmaschinen. Das war ein Aufwand! Die Schwester meiner Großmutter saß in ihrem Zimmer zur Stresemannstrasse an der Nähmaschine und nähte an einem Sommerkleid für mich. Dabei erzählte sie mir immer Geschichten. Plötzlich wurden wir jäh von lautem Pferdegetrampel, Rufen und Schreien unterbrochen: "Dem Metzger sind die Gäule durchgegangen!" Neugierig schauten wir aus dem Fenster, liefen dann auch auf die Straße, um zu sehen, was los war. Herr Metzger rannte die Stresemannstraße herunter, seinen Pferden hinterher. Diese bogen nach rechts in die Reinhardstrasse ein und machten am Brunnen an der Reinhardskirche halt. Die Pferde wurden dort täglich getränkt, daher kannten sie den Weg zum Brunnen. Nachdem ihr Durst gelöscht war, drehten sie um und ließen sich von Herrn Metzger wieder in den Stall führen. Die Plötzlichkeit des gewaltigen Aufruhrs, die die mittägliche Trägheit und Stille zerriss, und die Eigenständigkeit der großen Tiere, haben sich in mein Gedächtnis gebrannt. "  Michaela Jüdell, 24.11.2001

 

Turnverein Bad Nauheim - TV 1860

 

 

LIEBE GEHT DURCH DEN MAGEN UND: ESSEN HÄLT LEIB UND SEELE ZUSAMMEN

Familien-Rezepte

 

Oma Ela Soße

Als in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts die Deutschen Urlaub in Bella Italia machten, fuhren auch meine Eltern dort hin. Bei diesem Urlaub lernten sie Pasta Gerichte und Tomatensoße kennen. Also erfand Oma Edith ihre Tomatensoße. Wir kennen sie Mama oder Oma Ela Soße.

Dazu braucht man eine Grundsoße: 40g Fett mit 40g Mehl anschwitzen,  ¼ l Wasser ablöschen,  ¼ l Milch auffüllen. Dann 1kl. Dose Tomatenmark dazugeben. Mit Salz, gemahlenem Rosmarin, evtl. Pfeffer abschmecken.

 

 

Soße Carbonara

Diese Soße kam recht spät in unsere Rezeptsammlung und zwar so:

Tania lernte Frisörin mit Rosella, einer Italienerin. Eines Tages saß ein italienischer Koch bei Rosella zum Haare schneiden auf dem Stuhl. Da wir immer schon gerne das Rezept von dieser Soße haben wollten fragte Rosella auf Italienisch danach. Der Koch wollte sein „Geheimrezept" nicht rausrücken. Da drohte Rosella, ihm ins Ohr zu schneiden. Nach dem er es verraten hatte, kam Tania nach Hause und meinte, sie verstehe das nicht ganz: Saure oder süße Sahne?

Also habe ich mir das Rezept angeschaut: Gekochter Schinken wird gewürfelt und im Topf angebraten, mit süßer Sahne aufgefüllt und  mit Eigelb gebunden. Dazu das Eigelb in einem Gefäß verrühren und mit etwas Soße mischen. Diese Mischung in die Soße einrühren bis sie eine sämige Konsistenz hat. Nicht mehr kochen, sonst gerinnt das Eigelb und mit reichlich Parmesan und eventuell mit Pfeffer und Salz abschmecken.

 

 

Wohnen auf dem Johannesberg

 

 

 

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